Welchen Bedarf an Raum gibt es in Graz und welche Raumnutzungen (alles außer Wohnen) werden nachgefragt? Welche Hürden gibt es in der Anmietung und Aktivierung von Raum? Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Räume von potenziellen Nutzer*innen in Zukunft leichter aktiviert und bespielt werden können? Diese Fragen standen bei der Raumbedarfsumfrage in Graz im Herbst 2024 im Fokus.
Insgesamt wurden 198 Fragebögen vollständig ausgefüllt – Vielen Dank an alle, die sich die Zeit genommen und mitgemacht haben!
Die Detailergebnisse gibt es hier zum Download: Raumbedarfsumfrage
Einblick in die Umfrageergebnisse
Die Umfrageergebnisse zeigen einen akuten Mangel an verfügbaren, leistbaren und adäquat nutzbaren Räumen für Selbstständige, Kleinstunternehmen, Kultur- und Kunsttätige, Vereine und lokale Initiativen in Graz. Gewerbeflächenangebote am klassischen Immobilienmarkt sind für viele zu teuer und unflexibel. Die Aktivierungskosten von Räumen, hohen Mieten und der Wunsch nach im Gewerbebereich noch oft unüblichen Nutzungsmodellen sind die Hauptgründe, warum der vorhandene Leerstand in Graz trotz hohen Raumbedarfs nicht aktiviert wird.
Mietkosten: 54,5 % können nicht mehr als 200 € pro Monat für eine Raumnutzung ausgeben. Mieten für am Markt verfügbare Flächen übersteigen die monatlichen finanziellen Ressourcen.

Aktivierungskosten: 47,5 % können maximal 1.000 € für eine Raumaktivierung investieren. 9,1 % haben keinerlei finanzielle Ressourcen für eine Raumaktivierung. Bei der Raumaktivierung summieren sich Kosten für Kaution, Provision und Renovierung schnell auf mehrere tausend Euro.

Nutzungshäufigkeit: 82,3 % möchten Raum temporär (stunden- oder tageweise) nutzen. Die klassischen Mietmodelle führen an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei und verhindern leistbare Nutzungen.

Raumteilen: 62,6 % können sich vorstellen, ihren Raum zu teilen. Geteilte Raumnutzung ist damit ein potenzielles Modell, um leistbare und tatsächlich den Bedarfen entsprechende Raumnutzung zu ermöglichen.

Zentrale Handlungsfelder
Leistbare und flexibel nutzbare Räume werden in Graz dringend benötigt. Um die Suche nach bedarfsgerechten Angeboten zu erleichtern, die Sockelzone mit neuen Nutzer*innengruppen zu beleben und Leerstand zu minimieren, besteht insbesondere in den folgenden drei Handlungsfeldern konkreter Handlungsbedarf.
1. Rechtlicher Rahmen:
- Zurzeit gilt das Bestellerprinzip bei Gewerbeflächen nicht. Es müssen häufig Provisionen von den Anmietenden bezahlt werden.
- Untervermietung ist als Praxis in der Gewerbeflächenvermietung noch nicht so etabliert wie beim Wohnen. Um kooperative und damit leistbare Raumnutzung zu ermöglichen, muss Untervermietung zum Standard werden.
- Vereine, Kleingewerbetreibende und bestimmte Branchen sind (in der Regel) nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Damit werden sie von Vermieter*innen aufgrund steuerrechtlicher Regelungen häufig explizit von einer Anmietung ausgeschlossen.
- Die Mieten für am Markt verfügbare Flächen übersteigen häufig die finanziellen Möglichkeiten potenzieller Mieter*innen und bleiben daher teilweise über Jahre hinweg ungenutzt. Um solche Flächen zu aktivieren, ist es wichtig, Eigentümer*innen an Bord zu holen – sei es durch positive Anreize, die Reduzierung steuerlicher Fehlanreize oder eine Leerstandsabgabe.
2. Förderungen:
- Förderbedingungen sind häufig nicht zielgruppenadäquat und übersteigen laut Umfrage die verfügbaren finanziellen Ressourcen. Zudem schließen die meisten raumbezogenen Förderungen potenzielle Raumnutzer*innen wie Vereine und freie Berufe aus. Es braucht Förderungen, die als effektive Starthilfe dienen, eine dauerhafte Ansiedelung fördern und für einen breiteren Nutzer*innenkreis zugänglich sind.
3. Bewusstseinsbildung:
- Der Strukturwandel, wie etwa der Rückgang des Einzelhandels, ist unumkehrbar. Die Veränderungen in der Nutzung und die Bedürfnisse neuer Nutzer*innengruppen müssen anerkannt werden. Es braucht die Bereitschaft, neue Nutzungsmodelle zuzulassen und zu fördern.
- Ungenutzte Flächen in Erdgeschoßzonen prägen besonders stark das Stadtbild. Oft ist jedoch unklar, welche Leerstände tatsächlich verfügbar, bezahlbar und zu fairen Konditionen anmietbar sind. Die Umfrage-Teilnehmenden forderten daher mehr Transparenz und einen besseren Zugang zu diesen Informationen.
Die Umfrage fand im Rahmen des FFG Sondierungsprojektes crowd2raum statt und wurde von WeLocally gemeinsam mit dem StadtLABOR durchgeführt.